Älteste Wappendarstellung der Familie von Massow als Siegel

5. Das 19. Jahrhundert

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Mit der französischen Revolution und der Industrialisierung im 19. Jahrhundert fallen die Standesprivilegien. Die Stein-Hardenberg’schen Reformen beenden die Leibeigenschaft der Bauern, und das Bürgertum erhielt auch politisch ein neue Rolle. Nach 1848 kommt es zu einer immer stärkeren Angleichung zwischen Adel und Bürgertum24. Der Anteil bürgerlicher Familien unter den Großgrundbesitzern, in den Offizierskorps und in der Beamtenschaft wird größer, gleichzeitig ergreifen mehr Mitglieder des Adels bürgerliche Berufe.

Die gutsuntertänigen Bauern mussten die Hälfte des von ihnen bewirtschafteten Landes an den Gutsherrn abgeben und erhielten den Rest als Eigentum. Für die Gutsherrn brachte dies zwar einen Verlust an Land, sie konnten den neuarrondierten Grundbesitz nun aber nach neuzeitlichen Methoden bewirtschaften. Durch den notwendigen Maschinenkauf verschuldeten sich nun aber einige und Missernten führten dann zum Ruin. Woblanse, das seit 1335 im Massow’schen Besitz war, musste 1862 verkauft werden. 1851 wurde die Patrimonialgerichtsbarkeit abgeschafft und 1872 die gutsherrliche Polizeigewalt. Die Landwirte waren nun keine Gutsherren mehr, sondern nur noch Gutsbesitzer.

Gründung des Familienverbandes

Durch Gesetz vom 3. März 1867 wurden auch die Lehnsgüter aufgehoben. Dafür gab es Geldentschädigungen, die an die berechtigten Familienmitglieder verteilt werden mussten. Dies war der Anlass zur Gründung des Familienverbandes am 17. Februar 1875 in Berlin. Mit dem Geld wurde eine Stiftung gegründet, mit der hilfsbedürftige Familienmitglieder unterstützt werden sollten.

Die letzten Massows auf Steinhöfel
Die letzten Massows auf Steinhöfel ca. 1916 Margot, Anton (A 151), Else v. Grüter (E.d. 151), Rüdiger (A 168), Eberhard (A 169), Joachim (A 167

Politisch veränderten sich die Zeiten, aber der Adel blieb vielfach den altpreußische Traditionen verhaftet und koppelte sich durch die persönliche Treue zum König und eine konservative Grundhaltung von den Gedanken der neuen Zeit ab25. Die militärischen Traditionen wirkten weiter fort, die Lebensbeschreibungen enthalten eine Fülle von militärischen Rangbezeichnungen wie Secondeleutnants, Premierleutnants, charakterisierten Portepeefähnrichs.

Im Jahre 1788 kaufte Obermarschall Valentin v. Massow (A 127) Steinhöfel von Graf Joachim Christian v. Blumenthal. 1790 – 1795 grundlegender Umbau des ehehmaligen Gutshauses zum Schloss durch den angesehenen Architekten David Gilly.

1805 erwarb Valentin das angrenzende Rittergut Demnitz, das bis 1945 von Joachim (A 167) seit 1929 bewirtschaftet wurde. Die Brandenburgische Schlössergesellschaft hat das Schloss und einen Teil des Parks im September 1998 in ihr Eigentum übernommen. Bereits 1997 wurde mit den ersten Sanierungsarbeiten begonnen.

2009 konnte das prächtig sanierte Schloss Steinhöfel als repräsentatives Schloss-Hotel eröffnet werden.

Schloss Steinhöfel nach seiner Sanierung 2009
Schloss Steinhöfel nach seiner Sanierung 2009

Der typische Lebenslauf lautet: erzogen im Kadettenkorps, Offizier, mit 30-40 Jahren aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, dann Landwirt. Ludwig (A 130) wurde Hofmarschall und Intendant der königlichen Gärten. Sein bruder Wilhelm (A 134) war Regierungsrat und reichte aus Empörung über die Märzrevolution seinen Abschied ein; später wurde er Mitglied des preußischen Herrenhauses. Adolf (A 145) und Ludwig (B 174) zogen nach der Reichsgründung als konservative Abgeordnete in den Reichstag ein.

von Massow Kadetten
Im Kadettenkorps für eine Offizierskariere erzogen. Rüdiger (D 78), Wilhelm (D 70), Günther (D 77), in Groß Volz

Aber es gab auch andere, die offen waren für die liberalen Gedanken der Aufklärung, den Wunsch nach einer Verfassung und der deutschen Einigung. Ewald (B 119), 1812 geboren, gehörte als Student in Jena einer Studentenbewegung an, die 1817 ihren Ursprung hatte und sich für die Freiheit und Einheit Deutschlands begeisterte. Beim Wartburgfest 1817 verbrannten die jungen Studenten Bücher, darunter auch eine Schrift des erzkonservativen Ministers v. Kamptz. Daraufhin wurde eine Untersuchungskommission für demagogische Umtriebe eingerichtet und Ewald 1834 verhaftet und wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde dann „gnädigerweise“ in eine 30- bzw. später 10-jährige Haft umgewandelt. Ewald floh 1837 aus der Haft und setzte sich nach Amerika ab.

Karl (B 170) wurde wegen eines leichtfertigen Streichs aus dem Kadettenkorps ausgewiesen und des Adels für verlustig erklärt. Er trat dann als gemeiner Soldat in ein Infanterieregiment ein, wurde aber schließlich dank seiner Intelligenz und Energie geheimer Kanzleirat im Reichsschatzamt. Er erlangte dann auch wieder das Recht, sein Adelsprädikat zu führen.

Johann (Hans) (D 56) wurde Schauspieler und verzichtete deshalb zugunsten seines Bruders Wilhelm (D 58) auf seinen Besitz. Er hatte ein Engagement in St. Petersburg und wurde Theaterdirektor in Riga. Später unterlag er aber „der Neigung zum Trunke“. Das 19. Jahrhundert ist die Zeit der industriellen Revolution und des technischen Fortschritts. Größere Bahnhofsinspektionen wurden gern ehemaligen Offizieren übertragen. Berthold (B 171) war zunächst Rittmeister, trat dann aber in den Dienst der privaten Berlin-Stettiner Eisenbahnverwaltung. Franz (B 130) wurde Telegrapheninspektor. Die soziale Not der Arbeiter veranlasste Konrad (A 142), sich aus konservativem Verantwortungsgefühl den praktischen Fragen der Sozialpolitik zu widmen. Er war Geheimer Oberregierungsrat im Rechnungshof des Deutschen Reiches und wurde in seiner Freizeit Vorsitzender des Zentralverbandes deutscher Arbeiterkolonien und des Kuratoriums „Dienst am Arbeitslosen“. Er verfasste ein Buch „Reform oder Revolution“. Seine vier Töchter mussten alle einen Beruf ergreifen, was zu der Zeit noch ungewöhnlich war.

Bücherverbrennung
Bücherverbrennung beim Wartburgfest 1817

Auch die Kolonialzeit spiegelt sich in den Lebensläufen wider. Wilhelm (A 140) fügte sich schwer in die strenge Standes- und Offiziersdisziplin ein und trat deshalb mit 23 Jahren in den holländischen Kolonialdienst. Er fiel 1874 in Java beim Kleinkrieg gegen die freiheitsliebenden Sundanesen28. Valentin (A 148) wurde im März 1896 Chef der Polizeitruppe in Togo. Er führte mehrere Expeditionen ins Hinterland und stirbt 1899 am Schwarzwasserfieber. Werner (A 156) und Ewald (C 60) kämpften in Deutsch-Südwest-Afrika mit beim Hottentotten- und Herero-Aufstand, dem düstersten Kapitel deutscher Kolonialgeschichte. Ferdinand (B 131) ging 1873 nach Niederländisch Ostindien und Ewald (A 154) nahm als Leutnant an der Ostasiatischen Expedition teil.

Magdalene (T.d. B 174) folgte ihrem Mann Tom v. Prince nach Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tanzania. Dieser kämpfte in der deutschen Schutztruppe und wurde 1906 geadelt. Nach dem Tod ihres Mannes bewirtschaftet Magdalene allein ein Farm in Usambara. Sie schreibt in einem Bericht: „Ich kann es nicht genug betonen, wie mich die Schönheit unserer neuen Heimat überraschte. Die Fülle der Naturherrlichkeiten, die sie bietet, und die wunderbar ozonreiche Luft, die das Höhenklima auch hier mit sich bringt, begeisterten mich förmlich.“

 

Familiengeschichte im Wandel der Zeiten

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